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Motorradreise durch die Alpen nach Tunesien Drucken E-Mail

Cornelius und Alexander Kopke

Honda SLR 650 und BMW G650 Xchallenge

Samstag, 4. Juli

Cornelius kommt so gegen 13 Uhr mit dem Auto aus Hamburg in Brüssel an. Wir entscheiden, wie wir unser Gepäck verstauen und welches Werkzeug wir mitnehmen und fahren endlich gegen 18 Uhr bei strahlendem Sonnenschein in Brüssel  los. Die Honda hat bereits TKC 80er drauf, verstärkte Schläuche, sowie hinten einen extra gebohrten Reifenhalter. Für die BMW, die jetzt auf Metzeler Enduro 3 Sahara fährt, nehmen wir die Michelin Deserts mit, jeder einen hinten drauf. Einige Anbauteile haben wir eingesteckt und werden sie später auf der Fahrt anbauen. Über die Autobahn und die N3 geht es zunächst die 50 Kilometer nach Charleroi, von wo aus wir immer der Meuse entlang Richtung Süden fahren wollen, fast durch ganz Frankreich. Besonders ab Dinant, wo wir unsere erste Rast machen, wird es eine sehr schöne und kurvenreiche Strecke, später in den Ardennen auch waldig mit wild-romantischen Flußkehren. Wir schaffen es noch an diesem Abend nach Frankreich, können aber in Charleville zunächst kein Hotel mit Garage für die Motorräder finden. Beide Motorräder sind nicht gegen Diebstahl versichert, deshalb bleibt die Unterbringung auf der ganzen Reise ein Thema. Endlich beim dritten Versuch um 23 Uhr finden wir ein kleines Hotel nähe Bahnhof wo die Motorräder im geschlossenen Hof stehen können.

Sonntag, 5. Juli

Es nieselt leicht, als wir endlich so gegen 10 Uhr losfahren. Auch heute geht es immer an der Meuse entlang, die zusehends unauffindbarer wird, doch es klappt auch ohne Karte recht gut, bis wir endlich nachmittags in Verdun eintreffen. Hier ist es heiß. Wir schauen uns ein bißchen am Friedenspalast um und fahren weiter druch die Gräberlandschaft. Unser deklariertes Etappenziel: Schweiz, ist heute nicht mehr zu erreichen. Haben wir uns zu lange auf kleinen Landstraßen aufgehalten? Auch die Orientierung hat natürlich einige Zeit beansprucht. Dafür sind wir schon viele schöne kleine Straßen und Wege gefahren. Nun drohen aber auch noch gewaltige Gewitterwolken, die schnell von Norden näher kommen. Wir beschließen auf der Autobahn vor dem Gewitter zu fliehen, aber es holt uns ein. Auf einem Autobahn-Parkplatz nutzen wir die Regenzeit, um unter einem Toilettenhäuschen den Protektorenbügel an die Honda anzubauen, sowie den GPS-Halter und einige Alu-Verstärkungen an die BMW. Einen Touratech-Kühlerschutz-Bügel hatte ich an die BMW bereits vor der Abfahrt montiert. Der Kühler ist nämlich eine empfindliche Schwachstelle. Wenn der auf einen Stein fällt geht nichts mehr. Bei der Honda fehlen nun nur noch die Handprotektoren. Weiter auf der Autobahn schaffen wir es bis Anbruch der Dunkelheit noch bis Vesoul. Wieder ist es nicht leicht ein Hotel mit Unterstellmöglichkeiten für die Maschinen zu finden. Vesoul hat eine schöne alte Innenstadt. Aber das Hotel hat schon zu. Wir wollen es beim Campingplatz versuchen. Da beginnt es stärker zu regnen. Nach einigem Rumsuchen und einer Komplettumrundung der Stadt erreichen wir den Campingplatz am See, wo uns ein ansonsten freundlicher Wachmann alle Hoffnungen nimmt, hier irgendwo Unterschlupf zu finden. Es ist bereits Mitternacht. Wir entscheiden uns, wild zu campen und fahren auf einem Fußgängerweg durch einen Park. Dann haben wir eine vor Blicken geschützte Stelle unter Bäumen gefunden und Cornelius baut im Dunkeln das Zelt auf. Zum Glück hatte er bereits einmal einen Probelauf gemacht, denn das Zelt ist nicht von der ganz einfachen Sorte, bietet aber gemütlichen Platz für 2. Hoffentlich gibt es kein Gewitter heute Nacht.

Montag, 6. Juli

Zum Glück hat sich der Regen vom Vorabend nicht ausgeweitet und alles ist schön trocken. Ich gehe morgens um 6 Uhr auf die Suche nach Kaffee. Natürlich haben wir auch Nescafé-Tütchen dabei, aber der McDonalds ist nur 2 km entfernt… hat aber noch zu. Das Formula 1 Hotel (ohne Garage) daneben ist schon offen und ich genieße einen warmen Kaffee. Wieder zurück an unserem Zeltplatz beschäftige ich mich ausgiebig mit dem GPS Gerät, während Cornelius noch einige Zeit ausschläft. Dann sind wir doch schon um 10 beim McDonalds und frühstücken. Heute wollen wir es über Montreux bis in die italienischen Alpen schaffen. Um erst einmal Strecke zu machen, fahren wir ein Stückchen Schnellstraße und passieren noch Vormittags die Grenze zur Schweiz…die man zu meiner Überraschung ohne Anhalten passieren kann. Ach ja, die Schweiz ist ja Schengen beigetreten. Wir fahren durch das schöne Jura-Mittelgebirge und können schon die Alpen sehen. Bei Lausanne stoßen wir auf den Genfer See. Hier ist irgendein Strandfest und ordentlich Verkehr.  Am östlichen Ende des Genfer Sees liegt Montreux, wo wir mit Blick über den See Pause machen. Wir sind froh, mal im Café sitzen zu können, statt auf den harten Motorrad-Sitzbänken, die sich so langsam recht unangenehm hart bemerkbar machen. Hier am See herrscht mondäne Urlaubsstimmung. Wir bereiten uns seelisch bereits auf die Alpen vor, die nun unmittelbar bevorstehen. Tatsächlich fahren wir nach Tankstopp in Martigny ohne Probleme oder zuviel Verkehr den Großen Sankt Bernard rauf. Eine tolle Kurvenfahrerei. Bei der Höhe geht der Honda ein wenig die Puste aus: Man merkt, dass sie nur 43 PS hat, während die BMW mit 53 PS und Einspritzung wesentlich flotter den Berg hoch beschleunigt. Jetzt sind wir schon in Italien und kurven nach Aosta runter. Dort machen wir am Ortsausgang am Fluss halt und überlegen, ob wir noch weiter fahren wollen. Es ist schon wieder 18 Uhr und wir möchten heute in einem Bett schlafen. Außerdem wollen wir noch ein bißchen Schrauben: da es morgen ins Gelände geht, möchte Cornelius jetzt die Hebelschützer an die Honda anbauen. Wir fahren noch ein bißchen und halten in Morgex direkt am Fuße des Mont Blanc an. Auch das Zimmer bietet einen schönen Blick auf den höchsten Berg Europas, aber wir müssen zuerst das Problem des etwas schmalen Honda-Lenkers bearbeiten. Wir schrauben noch fast bis Mitternacht.

Dienstag, 7. Juli

Heute morgen fahren wir nach dem Frühstück  im Hotel auf den Mont Blanc zu und erklimmen dann links ab den Kleinen Sankt Bernard Pass. Die Tour de France ist bereits für 2 Wochen später angekündigt. Die Kurven sind durchnummeriert. Wir haben unsere Maschinen inzwischen gut im Griff und ich filme die irre Kurverei mit dem Camcorder. Auf der anderen Seite wieder unten angekommen und inzwischen in Frankreich, machen wir auf einem schönen Rastplatz im Nadelwald halt. Beim Wieder-Losfahren, möchte ich eine leichte Böschung nehmen , die sich aber beim Drauffahren als eine kleine Mauer herausstellt. Zonk! Schreck! Zum Glück nichts passiert. Die BMW federt das einfach weg. Nächster Aufstieg und kurze Zeit später fahren wir an Tignes vorbei und auch durch Val d’Isère. Dann geht es rauf auf den Col d’Iseran. Eine sehr beeindruckende Auffahrt. Oben angekommen ist es zugig und kalt. Ich möchte nach einigen Fotos bald weiterfahren. Weil  es anfängt zu hageln, fahre ich schon mal los…. Aber Cornelius kommt nicht. Als ich zurückfahre stellt sich heraus, dass beim Aufsteigen die Honda umgekippt ist und er wegen dem Gepäck die Maschinen nicht alleine wieder aufrichten konnte. Alles Gepäck einmal runter und wieder drauf. Gut dass wir noch gestern Abend die Hebelschützer montiert haben, sonst wäre jetzt bereits der rechte Bremshebel abgebrochen. Durch die Bügel hat die Honda auch sonst keinen Kratzer. Inzwischen hagelt und schneit es ausgiebig. Die Straße ist komplett nass und wir machen die Abfahrt im Regen auf glipschiger Straße. Es ist kalt. Im Tal angekommen wärmen wir uns erst einmal bei einer Pause am Bach und fahren dann durch eines der schönsten Alpentäler, die ich je gesehen habe, weiter nach Lanslebourg….nicht ohne vorher noch einen Kaffee-Stopp gemacht zu haben. Nochmal tanken und dann rauf zum Mont Cenis. Hier beginnt unsere erste Offroad-Tour. Ich tue mir mit der GPS-Routennavigation noch etwas schwer, aber wir finden den Einstieg, nachdem Cornelius noch ein bißchen Käse und Wurst bei der Almhütte gekauft hat. Es geht einen gerölligen Feldweg lang. An einer Gabelung wollen wir den nach der Beschreibung einfacheren Weg nehmen und kommen an eine Stelle, wo ein gestürzter Baum nur eine sehr schmale Durchfahrt durch den Bach läßt und es an der rechten Seite steil bergab geht. Jetzt einmal falsch Gas gegeben, das Hinterrad im steinigen Wasser abgerutscht und die Maschine würde hunderte Meter den Abhang runterstürzen. Mit viel Muffen und ganz vorsichtig schaffen wir beide die Stelle. Wir haben ja die Wirkungen unserer hochbeladenen Maschinen schon kennen gelernt. Einmal über den Kipp-Punkt, sind sie wegen des hohen Schwerpunkts einfach nicht mehr zu halten. Wenn dann wegen Abhang nicht einmal mehr Platz zum Abstützen ist, hat man keine Chance. Deshalb stützen wir uns je gegenseitig. Der Rest der Auffahrt ist grandios. Ich filme mit Cornelius‘ Digital-Kamera…einschließlich der finalen Einfahrt oben ins Fort Turra, das ganz oben auf dem Berg hockt und Sicht in fast alle Richtungen zuläßt. Wir erkunden das Fort, das einige in den Berg gehauene Tunnel aufweist und sehr beindruckende Ausblicke freigibt.

Auf der Strecke treffen wir auch einige Tschechen, die die letzte Strecke und das Fort zunächst zu Fuß erkundet haben, dann aber auch ihre Geländewagen zum Übernachten hoch fahren. Ich finde es einfach total erhebend, mit dem eigenen Motorrad über einen Wald- und Bergweg auf einen Berg hoch zu fahren. Ein unglaubliches Gefühl von Freiheit. Und schnell geht es auch.

Die Abfahrt machen wir auch recht zügig und sind ruckzuck wieder unten auf der Straße. Dann schnell noch ein bißchen Brot erbettelt auf der Hütte am Lac du Mont Cenis und weiter auf die nächste Offroad-Piste, ein zunächst staubiger Wirtschaftsweg der nach und nach immer steiniger wird. Bereits am See ganz vorbei kommt das Unvermeidliche. Der Weg ist durch ein Schneefeld und einen Erdrutsch versperrt und läßt sich nur über eine abschüssige und nasse Senke umfahren, die zudem noch von Kühen weichgetreten wurde. Wir überlegen etwas, wollen es aber versuchen. Ich bewege mich so vorsichtig wie möglich mit der BMW den Abhang hinunter. Irgendwie komme ich unten an, ohne umzukippen, obwohl es mehrmals ganz knapp war. Hier ist nasse Wiese und meine Reifen bieten null Grip. Selbst das Vorderrad rutscht seitlich weg. Ich versuche in den Falllinien herumzurangieren, komme aber nicht wirklich weiter und kippe schließlich nach rechts ab voll in die Matsche, bleibe unter der BMW liegen. Cornelius eilt zur Hilfe und gemeinsam können wir die BMW wieder aufrichten. Nichts passiert. Aber ich stehe immer noch in dieser Matsche und muß da irgendwie raus. Endlich schaffe ich es mit weiterem Rangieren wieder auf eine trockene Stelle zu kommen und dann mit mit viel Schwung die steile Böschung auf der anderen Seite wieder hochzufahren. Jetzt ist Cornelius dran. Inzwischen haben wir das Gelände besser kennen gelernt und können eine bessere Fahrlinie für ihn bestimmen, die vor allem den nassen Matsch vermeidet. Runter geht es denn auch ganz gut. Ich sichere hinten noch ein bißchen mit. Dann fährt er weiter und auf die Böschung zu. Allerdings gibt er unten am Fuß der Steigung nicht ordentlich Gas und bleibt auf Zwei-Drittel stehen. Leider hält er die Kupplung gezogen und versucht nur mit der Vorderbremse die Maschine an der steilen Böschung zu halten. Eigentlich sind seine Beine ja auch lang genug und die Sitzbank niedrig. Aber das Vorderrad gerät ins Rutschen, halb seitlich. Der hohe Tankrucksack hindert ihn ausserdem daran sich weit nach vorne zu beugen. Und während ich noch im Heranlaufen bin, kippt er mit der Honda nach rechts um, fällt dabei unter die Honda nach hinten die Steigung hinunter und kracht mit dem Rücken auf. Sieht gar nicht schlimm aus. Aber noch bevor ich angekommen bin schreit Cornelius: „Ahh, meine Schulter, da hat es fürchterlich gekracht!“. Ich ziehe ihn unter der Maschine raus. Es stinkt bereits nach ausgelaufenem Benzin. Die Schulter muß fürchterlich weh tun. Wir machen erste Bewegungschecks. Es scheint nichts gebrochen. Ich taste das Schlüsselbein ab. Jetzt erstmal die Honda aufrichten, bevor noch mehr Sprit oder irgendetwas anderes ausläuft, denn sie liegt sozusagen auf dem Kopf. Mit Kraft richten wir sie auf ohne alles Gepäck abzunehmen und wollen sie zusammen und mit Motor hochschieben. Aber es ist zu steil zum Anfahren und sie bekommt keinen Grip. Ich halte sie erstmal und fordere Cornelius auf, sich zunächst um seine Schulter zu kümmern. Auf einmal steht die Tour auf der Kippe, so wie das Motorrad, das ich jetzt noch eine Weile mit Mühe vor dem Abrutschen festhalte. Es wird auch langsam dämmerig und wir sind auf über 2000m Höhe. Cornelius windet sich in Schmerzen. Ich lasse schließlich einen Urschrei los und fahre die Honda mit einem Kraftakt und schiebend den Rest der Böschung hoch. Geschafft. Aber Cornelius‘ Schulter ist ein Problem. Irgendetwas hat geknackt. Hoffentlich sind keine Bänder gerissen. Aber er kann noch alle Bewegungen ausführen. Wir erholen uns langsam von dem Schrecken und überlegen, ob wir weiterfahren können. Wir sind in der Mitte der Offroad-Piste und haben noch viele Kilometer ohne Besiedlung vor uns. Es ist in solchen Situationen wichtig, erst einmal wieder zu sich zu kommen und die Ruhe zu bewahren. Sonst passieren noch weitere Unglücke. Schließlich wollen wir versuchen, weiter zu fahren. Die Strecke ist jetzt aus großen Steinen, ja Felsen, zusammengesetzt, alle rund abgeschliffen. Es ist holperig aber wir kommen langsam vorwärts. Es wir langsam dämmerig. Beim nächsten Stopp bemerkt Cornelius, dass er seine Brille verloren hat, die er hinten auf Gepäck geklemmt hatte. Ich biete an, die Strecke noch einmal abzufahren, aber kann sie nicht finden. Es ist auch schon ziemlich dunkel und die Brille ist sehr unscheinbar. Cornelius möchte die Brille aufgeben und weiter fahren. Es wird dunkler und beginnt zu regnen. Ausserdem sind wir auf einer steilen Abfahrt mit den rutschigen Steinen. Es ist klar, dass wir so nicht lange weiter fahren dürfen, denn im Dunkeln und Nassen ist es sehr gefährlich. Und immerhin ist auf der einen Seite ja auch meist noch ein Abhang. An einem schönen See vorbei, über dem der Mond gerade ganz orange aufgeht, fahren wir noch weiter und kommen schließlich an eine Hütte mit einer kleinen Ruine. Im Dunkeln ist alles schwer zu erkennen. Weiter vorne liegt ein See. Wir beschließen über Nacht hier zu bleiben, denn die Offroad-Strecke ist noch lang und es ist inzwischen sehr kalt und nass. Zuerst finden wir einen Unterstand für die Motorräder und schließen sie fest. Die Fischerhütte ist abgeschlossen, doch hat sie eine Art Unterstand-Anbau, der zu einer Seite komplett offen ist und in dem ein paar Tisch stehen. Wir legen uns mit unseren Iso-Matten und Schlafsäcken unter die Tische. Cornelius redet nur wenig und will sofort schlafen, nachdem er ein entzündungshemmendes Schmerzmittel genommen hat. Die Nacht ist unruhig und sehr kalt.

Mittwoch, 8. Juli

Wir wachen sehr früh auf, weil es schweinekalt ist. Wir haben beide nicht besonders gut geschlafen. Da wir ziemlich durchgefroren sind, muss unbedingt ein Feuer her. Allerdings ist draussen alles nass und es regnet auch leicht. Wir gehen das Gelände ab und suchen nach einer Möglichkeit, aber es sieht nicht gut aus. Zurück bei der Hütte fällt uns eine Eisenblech direkt an einer Wand auf. Als wir es anheben, entpuppt es es sich als eine Art offener Offen und es liegt sogar Papier zum Anzünden drin. Schnell haben wir mit dem trockenen Holz daneben ein ordentliches Feuer angezündet und können uns schonmal wärmen. Ausserdem können wir jetzt heissen Kaffee machen. Sogar an das Vollmilchpulver haben wir gedacht. Dann tauchen zwei mürrische Angler/Fischer auf und schließen die Hütte auf. Sie sind zunächst unfreundlich, aber nach einer Weile, in der sie sich selber in der Hütte auch ein Feuer anzünden, und nach einigen Erklärungen unsererseits bieten sie uns sogar einen Kaffee an und wir dürfen in ihrer wettergeschützten Hütte sitzen. Mir geht es schon wieder richtig gut, ich wasche mich ordentlich im See und mache Rührei mit Zwiebeln (aus der Touratech Trockenpulver-Küche). Cornelius macht sich um seine Schulter Sorgen. Der Regen hört nicht auf und wir fahren schließlich weiter talabwärts Richtung Susa. Dort angekommen finden wir mit dem GPS-Navi die Touristeninformation und gleich gegenüber einen Motorradhändler, ein Krankenhaus und eine Apotheke für mehr Schmerzmittel. Beim Motorradhändler kaufe ich noch die verstärkten Schläuche für die BMW und Cornelius schaut nach neuen Stiefeln und kauft sich eine neue leichte Motorradhose und Knieschützer. Sieht super aus. Nach einigem Überlegen entscheidet er, nicht wegen der Schulter ins Krankenhaus zu gehen und erst die Ankunft in Tunis heute abend abzuwarten. Die Werkstatt, bei der ich meine Reifen wechseln lassen will, hat geschlossen. Also machen wir uns auf den Weg nach Turin, wo wir in einem Vorort noch einen Kaffee trinken und mit einem anderen Motorradfahrer plaudern, der früher auch mal in Tunesien unterwegs war, jetzt aber ins Hell’s Angels Milieu abgerutscht ist. Er wünscht uns viel Glück. Dann geht’s über die Autobahn nach Asti und weiter nach Alessandria. Den ganzen Tag über ist es schon sehr heiß. Wir versuchen in Alessandria eine Werkstatt zu finden, die uns den Reifen wechselt. Beim fünften Händler klappt es doch noch. Jetzt kommen die Michelin Deserts mit den verstärkten 4mm-Schläuchen drauf. Ausserdem vereinbaren wir einen Rückwechseltermin für nächsten Samstag und die alten Reifen kann ich auch da lassen. Super. Unser Gepäck ist jetzt um einiges leichter. Die BMW fährt sich jetzt sehr unstabil. Das Hinterrad bricht sofort in der Kurve aus und das Vorderrad bietet keine Spurtreue mehr. Kein Wunder bei dem Profil, dass man wohl mehr als Spikes bezeichnen müßte. Ab Tempo Hundert schlingert sich die Maschine gefährlich auf. Kurven müssen jetzt gedrückt werden, weil lenken ansonsten nur mit sehr viel Kraft zu machen ist. Egal, nur noch 80 km bis zur Fähre nach Genua. Wir fahren Landstrasse und stellen fest, dass es nach anfänglichem Gradeaus, doch noch einen ganzen Bergzug zu überqueren gilt. Recht schöne Kurvenfahrt. Manchmal sieht man die Autobahn. Auf der ist Stau. Die Einfahrt nach Genua zieht sich durch die Vororte hin und wir sind erst um 20 Uhr 30 an der Fähre. Tatsächlich stellt sich dann aber wie erwartet heraus, dass sie so 2 Stunden Verspätung haben wird und statt um 22 Uhr, wohl erst morgen früh ablegen wird. Genauso kommt es und wir suchen uns unsere Pullman-Sessel. Die Fähre ist bis zum Rand voll mit Tunesiern aber wir ergattern noch zwei Reihen Sessel für uns und legen uns nach einer ordentlichen Dusche neben unserem Gepäck zum Schlafen hin.

Donnerstag, 9. Juli

Der Tag auf der Fähre zieht sich so dahin. Morgens kann man sehr schön Korsika sehen, nachmittags in etwas größerer Entfernung Sardinien, wo man auch sehr schön Off-Road Motorrad fahren können soll. Wir passen abwechselnd auf unser Gepäck auf. Cornelius kauft uns aufblasbare Schwimmkissen als Sitzpolsterung, denn wir haben es beide sehr nötig. Wir gehen noch zusammen im Self-Service Italia was Essen und versuchen schon ein bißchen vorweg zu schlafen.

Freitag, 10. Juli

Wir haben es nach Tunesien geschafft. So gegen 2 Uhr morgens legt die Fähre an und wir stehen im Zoll. Cornelius gibt ein paar Dinar und es geht leidlich flott zur Sache. Gerade als wir so gegen drei Uhr das Zollgelände verlassen wollen, gibt es einen Regenschauer. Yak! Man hatte es bereits bei der Anfahrt von der Fähre aus geahnt, weil es viele Gewitter-Blitze über Tunis gab und auch schon ein bißchen pieselte. Schnell nochmal getankt und ab nach Tunis. Dort am ersten Geldautomaten je 300 Dinar gezogen und los geht’s. Wir fahren erst einmal ein bißchen durch die engen Gassen der nächtlichen Medina, in der sich der Müll in der Mitte der Gassen häuft. Am anderen Ende angekommen, winken uns zwei Polizisten heraus und zeigen uns an, wo wir lang fahren sollen. Wirklich sehr freundlich. Ich hatte Probleme erwartet. Dann machen wir uns auf den Weg nach Dougga, der römischen Ausgrabung im Südwesten von Tunis. Weil es so dunkel ist, nehmen wir die Autobahn und kommen gut voran. Auf der ganzen Fahrt herrscht ein merkwürdiger Geruch, den wir nicht identifizieren können. Mein Tipp: Düngemittel, dann im Regen nass geworden. Als es hell wird, sind wir schon auf der Landstrasse Richtung Dougga, wo wir so gegen 6 Uhr morgens eintreffen. Gleich mal auf’s Gelände gefahren und mit der Besichtigung zu Fuß begonnen. Aber schon werden wir von einem Aufpasser zurück gepfiffen. Genau, er hat eine Trillerpfeife. Seiner Meinung nach macht die Ruine hier erst um 8 Uhr auf. Davon stand am Eingang nichts. Schade, wir fahren wieder weg und wollen uns ein Plätzchen für ein Nickerchen auf dem nächsten Hügel, möglichst mit Blick auf die Ruine suchen, denn natürlich war die Nacht etwas kurz gewesen. Wieder durchs untenliegende Dorf durch auf der Landstrasse einmal um die Kurve, biegen wir in einen sandigen Feldweg ein und kommen an ein altes Bauernhaus, wo eine Bäuerin ganz verdutzt guckt. Ich erkläre ihr, dass wir Fotos vom Hügel oben machen wollten und sie weist uns per Geste den Weg. Yipeeh! Wir fahren offroad in Tunesien. Rauf den Hügel durch den Sand und über’s Feld, bis wir oben neben einer Ziegenherde ankommen. Dort stellen wir die Maschinen ab, als auch schon der Hirte ankommt und wir uns ganz nett unterhalten. Er möchte, dass ich mit einem professionellen Metall-Detektor seinen Untergrund nach Römer-Gold absuche. Ich gebe ihm meine Visitenkarte. Wir pennen ein bißchen auf unseren Isomatten und machen Tele-Fotos von den Dougga-Ruinen. So gegen 8 Uhr 30 brechen wir wieder auf und halten nochmal im Dorf unten in der örtlichen Kaffee-Stube. Sehr beeindruckendes Erlebnis. Hier sitzen die Männer und spielen eifrig Karten. Kaffee tut gut. Danach schauen wir uns noch ausführlich die Dougga-Ruinen an und machen eine Menge Fotos. Cornelius sagt, er mag Ruinen. Diese hier stehen schon seit 2000 Jahren. Dann fahren wir weiter Richtung algerischer Grenze, weil wir ganz im Westen ein Offroad-Strecke hinter dem Table de Jughurta, einem imposanten Bergplateau, machen wollen. In El Kef finden wir zuerst die Tankstelle nicht und besorgen dann einen Ersatz-Benzinkanister in schönem Shell-Motorenöl Gelb. Jetzt gibt es hier viele Polizeikontrollen, aber wir kommen überall einwandfrei durch. In der kleinen Stadt Tajerouine machen wir eine Kaffeepause und beobachten ein bißchen das hiesige Leben. Ausserdem laden wir die GPS-Batterien auf. Der Pfefferminztee ist auch ausgesprochen lecker. Unsere Maschinen könnten wir hier sogar gegen einen ganzen Lastwagen eintauschen, wie uns ein lustiger LKW-Fahren glaubhaft zu machen versucht. Wieder aufgesessen wollen wir mal eine kleine Offroadstrecke über einen Hügel per Luftnavigation machen und enden im Dornenfeld, dass wir aber wieder unbehelligt verlassen. Das Fahren über Stock und Stein hat wieder ganz schön Kraft gekostet, vor allem im gänzlich unbekannten Gelände. Wieder auf der Straße erreichen wir recht zügig den Table de Jughurta, tanken noch mal und machen uns an die Auffahrt. Tatsächlich finden wir auf Anhieb den Abzweig zum Beginn der Offroad-Strecke und ich finde es wieder total genial, dass wir mit den Motorrädern einfach den Berg hinauf fahren können. Beim letzten Dorf werden wir von Kindern angehalten, die unbedingt etwas von uns erbetteln wollen und an unserem Gepäck zupfen. Angefangen von Kugelschreibern, bis hin zu ganzen Gepäckrollen ist ihnen alles recht, wie sie klar sprachlich und durch ihre Handlungen zu erkennen geben. Leider haben wir nichts Überflüssiges dabei und die Feuerzeuge wollen wir den 5-9 Jährigen nicht geben. Wir sind fast schon froh, als wir der Kinderbande wieder entwischen und fast bis ganz nach oben auf das Bergplateau auffahren. Von hier oben gibt es eine geniale Sicht bis rüber nach Algerien und mein Telefon empfängt auch erste Grußnachrichten von dem dortigen Mobilnetzbetreiber Mobilis. Oben auf dem Plateau sind seltsame Höhlen zu sehen und auch eine Art Moschee, die Cornelius und ich uns anschauen.

Sollen wir heute noch die Offroad-Strecke entlang der algerischen Grenze versuchen? Es ist schon wieder spät geworden und wir haben seit 4 Nächten schon nicht mehr in einem Bett geschlafen. Das GPS sagt, dass es hier weit und breit keine Unterkunft gibt. Unsere Eindrücke von den Ortschaften können das nur bestätigen. Wir entscheiden uns, dem GPS in eine größere Ortschaft in einiger Entfernung über Landstrasse zu folgen. Das GPS weist eine geniale Abfahrt von dem Bergplateau und durch die Ebene, bis die Strasse wieder beginnt, die sich wieder bis zum Dunkelwerden hinzieht. Wir schaffen es trotzdem bis Kasserine und finden auch recht schnell das eine Hotel, dass auch im Sommer auf hat. Die Motorräder sollen wir im nahegelegenen Polizeirevier in den Hof stellen. Merkwürdig. Aber genau so machen wir es, schenken dem diensttuenden Polizist noch eine Dose Bier und sind froh, endlich mal wieder eine ordentliche Dusche und ein Bett zu haben. Eigentlich wollten wir auch abends mal was richtiges Essen gehen, aber wir sind zu kaputt und pennen einfach nur ein. Allerdings haben wir die Klimaanlage angemacht und sind natürlich am nächsten Morgen erkältet. Cornelius hat es stärker erwischt, ihm läuft ab jetzt für einige Tage ordentlich die Nase.

Samstag, 11 Juli

Nachdem Cornelius ausgeschlafen hat, finden wir tatsächlich im Polizeirevier unsere Motorräder noch unversehrt vor. Diese Unterbringungs-Lösung war wohl erdacht worden, nachdem zwei Motorräder vor dem Hotel gestohlen worden waren, wie uns berichtet wurde. Aha, denke ich mir, da nützen die Zusicherungen, dass es sich um bewachte Parkplätze handelt, wohl doch nicht so furchtbar viel. Darauf hätte ich allerdings ohnehin nicht vertraut. Nach dem Tanken geht es weiter Richtung Süden. Heute verspricht es ein sehr heisser Tag zu werden und es ist auch jetzt schon ganz beeindruckend. Wir fahren jetzt doch noch einen Teil der Offroad-Strecke und haben gleich mal unser Tiefsand-Erlebnis. Hossa. Aber wir buddeln uns wieder aus und heizen beschwingt über gespurte Wege durch die Steppe. An einer Stelle ist ein verlassenes Haus und wir checken das GPS. Kurz darauf winkt uns eine Frau die Richtung. Wir danken ihr und sie holt ihren Sohn heraus. Ein bißchen quatschen und da kommt noch ein Sohn. Sie schenken uns gefrorenes Wasser. Sie möchten die Telefonnummern austauschen und bitten uns, Fotos zu machen. Von ihnen und von ihrer Kuh. Sie versuchen irgendeinen Kontakt mit uns herzustellen. Ich frage sie höflich, ob wir ihnen mit irgendetwas helfen können. Dem Ältesten fällt ein, dass sie gerne ein Mobiltelefon mit Kamera haben würden. Ich sage ihm, dass ich meines leider noch bräuchte, ihm aber eines schicken werde, wenn ich wieder zurück in Europa bin. Sie bitten uns ins Haus zum Ausruhen, aber wir wollen weiter und sie lassen uns wieder ziehen. Inzwischen sind es 5 Leute geworden: die Mutter, drei Söhne und eine Tochter. Weiter geht’s, wir wollen heute noch bei den Bergoasen Mides und Tamerza ankommen. Dann Rast an einer schönen Palme, wo es allerdings zu viele Fliegen gibt und jetzt doch erst noch Richtung Rommelpiste. Oben auf dem Berg bietet sich ein gewaltiger Anblick über die vor uns liegende flimmernde Ebene mit dem Chott El Gharsa, einem gewaltigen Salzsee. Ich fahre noch einmal off-road ganz den Berg rauf und mache Fotos. Dann geht es die (laut Verkehrschild für Touristen-Konvois verbotene) Rommelpiste runter. Es handelt sich um eine betonierte Piste die sich abenteuerlich den Berg hinunter windet. Die Abfahrt bietet tolle Ausblicke auf die vor uns liegende Ebene. Zwischen dem Weiss der Salz-Chotts, dem Beige der Steppe und dem durchsichtigen Flimmern der Hitze kann man auch einige schwarze Stellen sehen. Das sind die Oasen mit den Palmen.

Inzwischen fühlen wir uns im Gelände schon recht sicher mit den Maschinen und den Reifen. Da passiert es wieder. Ich habe vergessen, das ABS auszustellen und komme auf der abschüssigen und steinigen Sandpiste nur knapp vor einer tieferen Wasserrinne zum Stehen. Kein Problem. Nachdem Cornelius schon herangefahren ist will ich weiter und komme auf einmal nach links aus dem Gleichgewicht. Krack liege ich auf der Seite. Wieder nichts passiert, aber kräftezehrend. Dann geht es über ausgefahrene Steppenwege weiter in der Ebene Richtung Tamerza, einer Bergoase. Natürlich müssen wir hierzu am Ende einer längeren Fahrt durch die Ebene wieder bergauf, genießen noch einmal die wunderbare Aussicht rückwärts in das Tal und sind schwuppdiwupps bereits in Tamerza gelandet. Wir fahren uns einmal im weichen Sand auf dem Weg zur zerstörten Altstadt fest und werden sofort von einem Tunesier angesprochen. Den Fragen wir nach Übernachtungsmöglichkeiten aus und entscheiden uns, mal beim Wasserfall-Camping vorbei zu schauen. Noch einmal durch die Stadt und noch einmal durch die Oase und wir kommen beim Camping an, was bei den Einheimischen hier allerdings als Hotel verstanden wird. Wir sprechen mit dem Manager, ein sehr netter Mensch, der hier bereits 25 Jahre tätig ist und er zeigt uns die Hütten. Diese sind ganz einfach, vollgestellt mit Betten und brütend warm von der Sonne. Ausserdem lassen sich die Motorräder nicht einschließen. Uns kommt die Idee, die Motorräder in die Hütte zu schließen und statt dessen selber draußen vor der Tür zu übernachten. Gesagt, getan haben wir die Betten hinaus getragen und die Maschinen in die Hütte gestellt und später eingeschlossen. Sehr lustig. Nach dem Duschen ist es bereits dunkel und wir wollen heute abend mal Essen gehen. Dazu werden wir abgeholt und essen dann ein schönes 3-Gänge-Menü mit Brik à l`Oeuf als Vorspeise, Hammel als Hauptgericht und Früchten zum Nachtisch. Dazu schönen Tee, deutsche Bewirtung und ein paar kühle alkoholfreie Bier…alles einwandfrei. Und kurbelt die lokale Wirtschaft an, wo ansonsten totale Flaute zu sein scheint. Auf dem Camping sind wir zum Beispiel die einzigen und wir haben auch sonst auf dieser Reise noch keinen einzigen Touristen gesehen. Nicht einmal auf der Fähre. Die Nacht im Bett unterm Sternenhimmel ist wunderbar und auch gut erholsam. Ab und zu fällt eine Dattel von den Palmen, die unser Himmelspanorama stimmungsvoll einrahmen.

Sonntag, 12. Juli

Morgens lassen wir es mal wieder gemütlich angehen, obwohl wir wissen, dass wir an den nun anstehenden superheißen Tagen eigentlich nur früh Morgens und am späteren Nachmittag unterwegs sein sollten. Nicht umsonst machen alle Tunesier ordentlich Mittagspause/ Siesta. Morgens duschen wir beide im Wasserfall der Oase und bauen dann auch noch eine Kamerahalterung unten an den Sturzbügel der Honda an. Danach fahren wir nach Mides und legen auf der Fahrt noch eine kurze Sandpassage auf der Abkürzung ein. Die Einfahrt nach Mides in die zerstörte alte Oasenstadt ist sehr beindruckend und die Kamera läuft dabei. Hier erstehen wir auch zum ersten mal einige Mitbringsel und sind dann auch schon auf dem Weg nach Tozeur und Nefta, von wo aus die 14 km Offroad-Piste zum Star Wars Set führen. Für Cornelius ein absolutes Muß auf dieser Reise. Auf der längeren Fahrt nach Nefta passieren wir eine Reihe von Kamelherden, die ziemlich träge durch die Steppe trödeln. Dann überqueren wir das Chott El Gharsa. Die fast weiße Oberfläche ist von der Sonne ausgetrocknet und sieht hart aus. Aber wir wissen aus den Beschreibungen, dass es darunter feucht und weich sein soll. Heute werden wir von ganzen Konvois von klimatisierten Toyota LandCruisern überholt, in denen Touristen hocken. In Tozeur fahren wir wieder mitten durch die Medina mit dem Motorrad. Das bringt mir immer wieder viel Spaß: durch schmale Gassen, wo der Lenker gerade durchpaßt und geduckte Tordurchfahrten. Natürlich fahren wir langsam und machen so oft es geht den Motor aus zum Hinabrollen. Danach machen wir auch noch eine Tour durch den Palmenhain, wo im Schatten der unzähligen Dattelpalmen, auch leckere Granatäpfel (leider noch einen Tick zu sauer), Weintrauben und laut Reiseführer auch Tomaten und anderes Gemüse wächst. Nach dieser Pause fahren wir nach Nefta weiter und machen nochmal in einem Café halt. Es ist Mittagszeit und niemand auf der Straße. Statt dessen hängen viele Männer im Café ab und spielen Karten. Es läuft eine Klimaanlage. Wir trinken gemütlich mit und fahren dann gleich die 14 Kilometer Off-road zur Star Wars Kulisse hoch. Ganz schön lang 14, Kilometer auf einer Piste, die sogar noch ziemlich leicht zu befahren ist. Dort angekommen sind wir auch wirklich sehr beeindruckt und kurven in den Kulissen herum, kaufen noch ein paar Souvenirs, um die Händler zu beruhigen und scheppern durch den dünnen Sand..immer die Titel-Musik der Weltraum-Saga virtuel im Ohr.

Zurück in Nefta ist es schon wieder zu spät geworden, um die Umrundung des Chott El Jerid, des größten Salzsees Afrikas, auf der West-Piste bis nach Douz zum Camping Desert Club heute noch zu schaffen. Erstmal brauchen wir aber Wasser und machen wieder in unserem Café halt. Sonst scheint hier nichts auf zu haben. Wir füllen unsere Schläuche mit ca. 6 Litern und lassen Luft aus unseren Reifen ab. Dabei kommen wir mörderisch ins Schwitzen. Es ist einiges über 40 Grad hier draußen. Dabei ist es hier noch im Schatten. Die Alternative zur Piste sind 160 km Strasse, was wir beide nicht so prickelnd finden. Schließlich scheint es laut meiner 1:600 000er Tunesien-Karte und auch des GPS‘ noch eine Piste quer über dieses Ende des Chotts zu geben. Nach Auskünften einiger Einheimischer sei das mit einem Motorrad allerdings unmöglich, weil man einsinken würde. Klingt sehr sumpfig. Wir wollen uns bei der Garde National am anderen Ortsausgang erkundigen, finden sie aber nicht auf Anhieb. Wir entschließen uns kurzerhand, den Versuch der Überquerung einfach zu wagen. Die Anfahrt durch die Palmengärten ist noch recht einfach, wenn auch unglaublich verschlungen. Dann auf dem 2 km breiten Steppenstück ist aber alles versandet und wir führen schon wieder einen kräftezehrenden Kampf, den wir so nicht lange aushalten können. Dann beginnt endlich das Chott. Die glatte Oberfläche verleitet zum zügigen Fahren. Anfangs geht es ganz gut, doch dann beginnt auf einmal die Schmierseife. Das Vorderrad sinkt ca 5 cm ein und hat mal gar keine, mal schienenartige Führung. Das Hinterrad ist komplett verklebt und schmiert nur so durch den seifigfen Untergrund. Hier ist eine absolut impulsarme Fahrweise gefragt, weil sich eine normale Fahrweise sofort aufschaukelt und komplett unkontrollierbar wird. Genau das passiert Cornelius und er schmiert seitlich ab. Als ich zurück komme, liegt die Honda in die entgegengesetzte Richtung, weil sie sich einmal halb herumgedreht hat. Cornelius hat sich erneut die Schulter weh getan, obwohl er diesmal auf der linken Seite gelander ist. Er Flucht lautstark. Die Honda wieder aufgerichtet und den ersten Schmerz und Frust überwunden, beraten wir erstmal. Das Unterfangen der Überquerung sieht jetzt absolut unmöglich aus. Wir sind erst ca 2 km von insgesamt mindestens 25 ins Chott reingefahren. Ich schlage vor, zuerst noch einmal die Motorräder zu tauschen, bevor wir aufgeben, obwohl auch die Michelin Deserts bei Nässe und Schlamm vollkommen unbrauchbar sind. Ich fahre mit der Honda vorsichtig los und komme so langsam ins Rollen, obwohl gerade das Anfahren fast unmöglich erscheint. Cornelius braucht eine ganze Weile, bis er die BMW irgendwie auf Kurs und in Fahrt hat. Doch dann geht es doch. Nach weiteren knapp 5 sehr vorsichtigen Kilometern mit weniger als 35 km/h wird das Chott zum Glück langsam trockenener und wir erhöhen graduell unsere Geschwindigkeit, bis wir am Ende wieder bei etwa 60 km/h angekommen sind. Auf dem Chott sind viele Fahrspuren von Geländewagen. An einigen Stellen haben sie Pirouetten gedreht und mehrmals haben sie sich auch tief eingegraben. Fast schon auf der anderen Seite des Chotts angekommen ist ein Buddelloch so tief, dass der Geländewagen unmöglich selbst hier wieder raus gekommen sein kann. Diese Interpretation wird uns später in Douz bestätigt. Wir finden es gruselig, mitten auf dem Chott stecken zu bleiben. Abschleppen wäre bei dieser Schmiererei hier eher aussichtslos. Nach dem Chott beginnt die Doppelspur-Piste durch die Steppe. Wir haben jetzt 70-100 Kilometer Piste vor uns, die mit einigen Herausforderungen aufwartet. Nicht nur geht es dauernd kleine steinige Hügel auf und ab. Ausserdem ist der Weg manchmal ganz verdünt und wir müssen uns durch den Sand fräsen. Cornelius kommt mit der BMW sehr gut zurecht. Ich heize die Honda voll aus. Bringt gut Böcke. Wir sind zügig unterwegs und machen gut Strecke. Erst in der Dämmerung erreichen wir die Strasse. Aber wir missverstehen die Angaben des Navi uns starten in die falsche Richtung. Das geht uns so nach ca 20 Kilometern auf und wir kehren um. Inzwischen ist es fast ganz dunkel, doch wir fahren weiter. Bei einem Halt schlage ich vor einfach im Freien zu übernachten und lieber morgen früh nach Douz zu fahren und dort schön im Camping Desert Club zu duschen. Die Fahrt mit 80 durch die Dunkelheit erscheint mir irgendwie unsicher. Es macht auch gar keinen Sinn, sich die weiteren 40 km oder so im Finsteren durchzukämpfen, weil das Camping bestimmt bereits für die Nacht geschlossen ist. Das Szenario kennen wir ja bereits. Zudem hat die Honda nur wenig Licht und der Himmel ist zwar sternenklar, aber der Mond ist noch nicht aufgegangen. Wir finden mit etwas Suchen schnell eine geschützte Stelle und stellen die Motorräder in Wagenburg-Formation. Cornelius ist vom mangelnden Halt des Seitenständers schon ziemlich genervt. Alle Steine zum Unterlegen erweisen sich hier bei Belastung als Zu-Klumpen-Hart-Gebackener-Sand. Nächstes mal muß man ein Holzbrett mitnehmen, wenn man nur einen Seitenständer und viel Gepäck hat. Die BMW hält allerdings erstaunlich gut. Wir fräsen die Honda nach klassischer Manier mit dem Hinterrad in den Sand und stützen mit dem Seitenständer. Cornelius baut das Zelt auf. Ich lege meine Isomatte an einer weicheren Stelle ein paar Meter weiter einfach in den Sand und mich selbst obendrauf. Schlafsack erscheint mir bei den Temperaturen überflüssig. Tatsächlich sind es am nächsten Morgen noch rund 27 Grad, heute abend bestimmt so 35. Dies ist immerhin die letzte Straße vor der großen Sahara, dem Grand Erg Oriental, ein Dünenfeld, dass sich 500-1000 Kilometer nach Westen und Süden ausdehnt. Es fahren auch bis auf drei oder vier kleineren Lastwagen keine Autos. Statt mich also einzulullen, ziehe ich sogar noch alle Kleidung aus und genieße es als kleiner empfindlicher Mensch mitten in der Einöde unter dem großen Sternenzelt zu liegen. So schlafe ich ein und so wache ich auf. Nur einmal bekomme ich etwas Flugsand an den Kopf. Von Schlangen und Skorpionen keine Spur. Ich bedrohe ja auch niemand. Und flugtechnisch sind hier auch nur ein paar Käfer unterwegs. Mit einem solchen hat Cornelius allerdings bereits beim Zeltaufbau Bekanntschaft geschlossen, weil dieser dicke schwarze Brummer irgendwie nicht mehr von dem Zelt loslassen will. Anscheinend hat er noch die ganze Nacht das Zelt bestürmt…aber Cornelius hat auch einiges Geraschel vom Wind mitbekommen.

Montag, 13 Juli

Wie liegen tatsächlich mitten im Nowhere, von der Strasse einmal abgesehen, die sich schnur gerade auf jeder Seite im Horizont verliert. Lustig. Nachts hatte man ganz weit vorne immerhin noch Lichter schimmern sehen. Ich mache ein Feuer mit Sprit und erhitze darüber Wasser in meinem Einfach-Kochset für den Kaffee. Der schmeckt auch ganz ok, obwohl das 95er Bleifrei ordentlich abgerußt hat. Diese Atmosphäre kenne ich nur aus Dokus und Filmen über den Irak. Mein Benzinfeuer hat nicht nur etwas von Mad Max, sondern auch von brennenden Ölquellen. Übrigens stelle ich fest, dass auch Nivea Coldspray aus der Sprühdose angezündet einen guten Bunsenbrenner abgibt. Aber wir brauchen das Zeug ja noch für alle Fälle. Dann fahren wir nach Douz, was immerhin noch einiges länger als eine Stunde dauert. Am Camping Desert Club angekommen, dem am Zoll deklarierten Ziel unserer Reise, ist nur der Camping-Wart Brahmin anwesend und empfängt uns freundlich. Ansonsten hat jemand einen Knall-Orangen Defender mit Sahara-Schriftzug abgestellt und weiter hinten steht auch genau ein Zelt im Schatten. Ansonsten niemand. Kaffe und Tee gibt es nicht, weil das Gas nicht angeschlossen ist. Aber kaltes Wasser können wir kaufen und auch die obligatorische Fanta oder Cola. Brahmin meint, die Wüstenroute nach Ksar Ghilane sei verboten und überhaupt jetzt im Sommer auch unfahrbar. Wir lassen uns schnell überzeugen, da wir uns gestern ja bereits durch einige Sandverwehungen gekämpft haben und es schon jetzt, morgens um 10 Uhr, mindestens 35 Grad heiß ist. Natürlich hake ich noch ein wenig nach, weil das in Tunesien eine gute Methode scheint, um doch noch gute Alternativen zu finden. Unser ursprünglicher Plan war ja gewesen, das Gepäck jemand anderem mitzugeben und dann ganz ohne Gepäck vielleicht die Wüstentour zu wagen. Aber hier ist auch niemand für das Gepäck und allein schon daran scheitert der ursprüngliche lockere angedachte Plan. Nur einen Tag später werde ich bestens verstehen, warum das Unterfangen sogar eine Todesgefahr gewesen wäre. Brahmin berichtet auch von einigen Toten und Verletzten so im normalen Campingbetrieb. Von denen bleiben dann immer die Motorräder zunächst in einer Ecke geparkt. Er zeigt auf die Stelle neben den Duschen. Ich gehe dann mal duschen, nachdem Cornelius sich auch schon ordentlich frisch gemacht hat. Dann taucht die belgische Familie auf, veranlaßt, dass doch noch Kaffee gemacht wird, laden zu Trockenkeksen ein und wir quatschen ein bißchen. Sie haben sich lokal ein Häuschen gemietet, das eine Klimaanlage hat. Übrigens ist auch der einzige andere Tourist, von dem wir das Zelt gesehen haben, wegen der nächtlichen Wärme ins Hotel geflüchtet. Ist mir unverständlich….man braucht einfach nur das Zelt wegzulassen. Vater, Mutter, und Tochter, so ca. 14 Jahre alt, wollen nach Algerien weiter. Sie reisen im Sommer, weil die Mutter Lehrerin ist und jetzt Sommerferien sind. Es stellt sich heraus, dass er hauptberuflich Reisen in die Sahara organisiert, was man sich bei dem auffälligen Geländewagen wohl auch schon denken konnte. Wir tauschen uns noch ein bißchen aus und wollen in Kontakt bleiben.

Cornelius und ich fühlen uns erfrischt und wollen jetzt über die Straße und die Pipeline-Piste nach Ksar Ghilane fahren. Das Anlegen der Panzer ist bei und inzwischen genau getimed, weil die gesamte Montur, einmal angelegt, im Stand unglaubliche Schweissausbrüche verursacht und es deshalb darauf ankommt, möglichst gleichzeitig fertig zu werden. Hatte ich erwähnt, dass kiloweise salziges Chott an unseren Maschinen klebt. Das soll auf die Dauer recht schädlich für die Mechanik und insbesondere die Kette sein. Zum Glück gibt es am Ortsausgang von Douz eine „Waschanlage“, wo wir die Moppeds erstmal kräftig absprühen. Das Chott ist inzwischen hart verklumpt und gar nicht so einfach abzubekommen. Noch mehr spritzen. Dann die Kette mit dem Super-Spray säubern und danach noch Dry-Lube drauf. Ich freue mich über meine perfekte Ausrüstung und wir fahren mit sauberen Motorrädern weiter. Allerdings sind wir bei der Aktion komplett überhitzt und es ist wohl auch ein heisser Tag.

Cornelius, der vorne fährt hat angehalten. Als ich näher komme, sehe ich, dass er ein totes Kamel am Wegrand fotographiert. „Hier ist es sogar für Kamele zu heiß“ höre ich Cornelius sagen. Wir fühlen uns auch ganz schön schummrig auf den endlos geraden Straßen durch die Steppe. Dann in einer Kurve kommt das berühmte Café Tarzan. Wir rasen mit den Motorrädern direkt unter einen der Unterstände aus Palmenblättern. Ich habe im null-komma-nichts fast meine gesamt Montur ausgezogen. Cornelius ist das zu umständlich und er stapft erstmal rüber zur Versorgungshütte. Barfuß will ich ihm folgen, aber nach einigen Metern glühen mir die Sohlen und ich eile hüpfend zurück. Mörderisch diese Hitze hier. Der Inhaber schafft einige Teppichdecken heran und zwei Kisten zum Sitzen und kommt bald darauf auch mit einem leckeren Kaffee zurück, sowie kühlem Wasser und Cola. Wir versuchen uns möglichst wenig zu bewegen und richten uns auf eine etwas längere Pause über die heiße Mittagszeit ein. Cornelius ist total schläfrig und macht erst einmal ein Nickerchen unter den Maschinen. Ein kecker schwarzer Wüstenkäfer macht ihn allerdings etwas nervös. Das Szenario kennen wir doch schon… Ich döse einfach nur so vor mich hin. Als Cornelius wieder aufwacht meint der Café-Inhaber, dass er nun doch Bric à l`Oeuf machen kann. Wir bestellen zweimal und bekommen ein ganz geniales Essen, einschließlich Gurken und Tomaten. Von der Fähre hatten wir auch noch Olivenöl, Salz und Pfeffer mitgebracht. Fertig ist der Salat. Wahnsinn. Dann fahren wir irgendwann weiter und biegen auf die Pipeline-Piste ein. Die Gas-Pipeline führt unterirdisch in ca 100 m Entfernung immer auf der linken Seite an der Straße entlang. Es ist ziemlich öde hier. Dann kommen wir an einer Gasstation vorbei, wo filmreif aus einem dünnen Schornstein-Rohr eine riesige Fackel im Wind lodert. Ich denke über den Klimawandel nach, aber es ist irgendwie absurd, diese Verfeuerung in der allgemeinen Hitze auszusondern. Es ist eine sengende Hitze. In der Entfernung sehen wir die hohen Sanddünen, die wir auf der Strecke über die Straße nun extra umfahren haben. Einige Dünen haben es aber bis quer über die Straße geschafft. Ich möchte immer ein Foto machen, aber irgendwie sind wir zu schnell unterwegs.

Im Café Bir Soltane halten wir noch einmal an und erfrischen uns wieder. Auch dieses Café ist aus der Tunesien-Reiseberichterstattung bekannt. Der Wirt ist ein echt lieber Typ. Es ist sehr heiß, hatte ich das schon gesagt? Nach einer Weile fahren wir weiter nach Ksar Ghilane, was schon bald erreicht ist. Aber wo lang zum Pool? Das Navi weist einen komischen Weg über die Dünen. Wir nehmen den und schwupps hat sich Cornelius festgefahren, nach dem wir beide schon ein bißchen Zitterpartie hinter uns haben. Er will schon anfangen das Gepäck abzubauen. Aber das ist unmöglich denn drüben an ein paar Palmen gaffen eine ganze Reihe dieser klimatisierten Schnelltouristen. Ich kann ihn rausschieben und fahre vor durch die flache Wasserlache…nicht ohne mich vorher selber noch einmal fast total festgefahren zu haben. Dann noch über einen weiteren sandigen Hügel und bums stehen wir vor der Teich, der hier als Quelle bezeichnet wird. Uns ist beiden mega-heiß. Ich bin inzwischen sehr geübt in Windeseile aus dem Panzer zu springen und mache mir nicht viel aus den gepflegten Zuschauern. Direkt neben meinem Bike springe ich per Unterhose in die Quelle und kühle mich bei molligen 30 Grad Wassertemperatur oder so herrlich ab. Das tut gut! Wir bleiben ein bißchen und machen uns dann auf ins gegenüberliegende Camp, wo wir ein hübsches Berberzelt zum übernachten aussuchen…mit den Maschinen schön davor. Im Berber-Zelt ist es wieder mindestens 55,5 Grad und ich werde mir die Matratze für die Nacht die Matratze davor in den Sand legen. Dann kann ich auch nachts mit der Hand den BMW Ständer halten, ha, ha. Wir nehmen die Abendessen-Option. Luxus. Nach dem Duschen machen wir noch einen kleinen Spaziergang in die Dünen in der Abendstimmung, wo der Sand noch locker 45 Grad heiß ist, und zwar auch in 50 cm Tiefe. Danach schön zu abend gegessen und unterm Sternenzelt eingeschlafen. Super.

Dienstag, 14. Juli

Kurz nach 5 werde ich wach. Noch am Abend hatte ich alles Gepäck bis auf den Werkzeugkoffer von der BMW abgebaut und mache mich nun flux auf den Weg zu meinem Dünen-Abenteuer. Ich möchte die 3 km Sanddünen bis zu dem alten römischen Fort bewältigen. Scheinbar ein Klassiker unter Offroad-Bikern, an dem wohl auch viele Scheitern sollen. Schnell noch etwas Wasser eingepackt und los geht’s. Was ein kleiner Ausflug werden sollte wird dann zu einer 3-stündigen Kraftaktüberanstrengung, die ich per Video-Kamera dokumentiert habe. Nach einer Stunde habe ich noch nicht einmal 2 Kilometer geschafft und mein Motorrad bereits bestimmt 20 mal wieder ausgegraben und wieder aufgerichtet. Es ist mörderisch heiß, das Wasser hat nur kurz gereicht und ich bin mit den Kräften völlig am Ende. Endlich nach 90 Minuten gelange ich zum Fuße des Forts, wo zum Glück eine Gruppe Pauschaltouristen mit den Kamelführern übernachtet haben. Einer der Kamelführer gibt mir Wasser und so ganz langsam erhole ich mich von der Strapaze. Er möchte sein Kamel gerne gegen die BMW tauschen, weil er findet, dass ich nicht besonders viel Erfahrung habe, während doch die BMW ideal sei. Ob ich aber auf diesem Dromedar besser zurückkommen würde?? Unser Deal scheitert schließlich an seinem Image als echter Kameltreiber. Das muß er hier vor den zahlenden Touristen natürlich aufrecht erhalten. Ich muss noch den Anstieg zum Fort hoch. Dieser letzte Akt und auch ein Großteil der Rückfahrt gestalten sich aber relativ problemlos und ich komme nach insgesamt ca zweieinhalb Stunden wieder in der Oase an. Ich bin total fertig, aber der tiefere Sinn meines Tunesien-Aufenthalts hat sich gerade erfüllt: Einmal in der Sahara total verausgaben. Im Sommer eine zweifelhafte Angelegenheit. Ich werde wieder kommen. Insgesamt hat es mich 2 mal abgeworfen und ich habe bestimmt dreißig mal die BMW ausgebuddelt (mit hinlegen und wieder aufrichten), habe sie 20 mal wieder angeschoben und wäre mehrmals fast verzweifelt vor Anstrengung. Jetzt blicke ich mit Ehrfurcht auf diesen weichen Sand zurück. In den ca. 6-8 m hohen Dünen mußte ich eine ganz neue Fahrtechnik beherrschen lernen, in der man mit Schwung auf den Dünenkamm hochfährt und oben zum stehen kommt. Aber bloß nicht zu früh sonst hängt man hoffnungslos fest und die Maschine buddelt sich sofort ein. Dann muß man den sehr steilen Abhang auf der anderen Dünenseite wieder runter. Mit ein bißchen Schwung, sonst gräbt sich das Vorderrad ein und man macht einen Abflug…ist mir auch einmal passiert. Allerdings auch nicht mit zu viel Schwung runterfahren sonst staucht es einen brutal zusammen, wenn das Vorderrad wieder den ebenen Grund erreicht, der manchmal auch recht hart war. Dann sofort wieder Vollgas, um es vielleicht wieder bis auf die nächste Düne hoch zu schaffen, ohne auf halber Strecke eingegraben zu verenden. Da die Orientierung der Dünen so ungünstig in Relation zum Fort verlief, konnte man nur mit dieser Technik das Dünenfeld bezwingen. Vorher hatte ich noch versucht, nur in den Tälern oder nur auf oben auf der Düne zu fahren, aber beides war wegen dazwischen liegenden Abhängen erstens sehr schwierig und zweitens führte es in die falsche Richtung…nämlich zielstrebig in die immer höheren Dünen und nur bedingt zum Fort. Auf der Rückfahrt waren die zum Glück etwas kleineren Dünen von der steilen Seite anzufahren, was auch den gesamten Körpereinsatz erforderte. Bei dem ganzen Gefalle ist sogar mein roter 1,5 Liter Reservekanister, den wir für unzerstörbar gehalten haben, ausgelaufen. Das Tankschloss war dann so versandet, dass ich selbst den Rest fast nicht in den Tank bekommen hätte. Im übrigen war die Maschine allerdings blitzeblank, wie nach einer kompletten Sandstrahl-Reinigung!! Wieder in der Oase bin ich zuerst wieder sofort in die Quelle gesprungen und dann erst zum Zelt zu Cornelius gegangen. Boahh war ich kaputt. Frühstückskaffee ans Zelt hat aber geholfen und dann haben wir es heute auch gemütlich angehen lassen. Da ich meine Bestimmung heute morgen erfüllt hatte, plädierte ich dafür die heutige Strecke abzukürzen und direkt nach Matmata zu fahren und einige von den Speicherburgen auszlassen. Geht halt nicht alles. Dann noch schnell meine Wäsche gewaschen, die in der Sonne in ca. 23 Minuten komplett getrocknet ist. Cornelius führt Tagebuch. Und los gings zurück auf die Pipeline-Piste nach Bir Soltane.

Bei der Ausfahrt aus Ksar Ghilane geht es noch einmal sehr sandig zu, ich fühle mich jetzt wie ein erfahrener Wüstenfuchs, ha, ha. Bei der nächsten Tankgelegenheit im „Vorort“ halten wir an und es stellt sich raus, dass sich Cornelius den Knöchel verknackst hat, als er einmal im Sand abstützen mußte. Scheiße. Es scheint weh zu tun. Bei der Tanke schaut zuerst der Mann raus und dann schickt er seine Frau vor, uns mit dem Benzin auszuhelfen. Die füllt umständlich von einem Kanister in den nächsten. Sie hat ganz schwarze Handinnenflächen. Merkwürdig. Es ist übrigens schon fast mittags und brennend heiß. Wir schütten einiges von dem kostbaren Gut daneben und bei Cornelius läuft gleich der ganze Tank über. Sind wir schon wieder bei Mad Max? Erst mal weiter um Fahrtwind zu bekommen, sonst verkochen wir hier… Allerdings hilft der Fahrtwind bei über 40 Grad auch nicht mehr. Über der Straße ist die Luft bestimmt 60 Grad heiß. Wir müssen das Helmvisier zumachen, weil einem sonst das Gesicht verbrennt. Im Café Bir Soltane wieder angekommen, machen wir eine kleine Bestandsaufnahme und kühlen den Knöchel ordentlich mit dem Rest des Nivea-Kühl-Sprays. Es scheint zu helfen und ist gut kalt. Dem Tunesier erkläre ich ein bißchen das GPS, während Cornelius sich etwas ausruht. Ich bin noch high von der Morgenaktion. Unter den gegebenen Umständen entscheiden wir uns, nicht die Piste nach Matmata zu fahren, sondern lieber über die Straße, was wohl etwas weiter ist, aber bestimmt ungleich schneller. Vor allem aber muß der Knöchel jetzt erst mal geschont werden. Es könnte fatal sein, wenn Cornelius sich in einer brenzligen Situation im Gelände nicht richtig auf dem Fuß abstützen könnte und dann vielleicht noch Schlimmeres passiert. Mir ist alles egal. Nach heute morgen beginnt für mich jetzt im Prinzip die Rückreise. Ich hatte in kürzester Zeit Sahara satt. Mit den neuen Eindrücken ist mir auch ganz klar geworden, dass die Dünenstrecke zwischen Douz und Ksar Ghilane absolut unmöglich gewesen wäre. Gut so. Alles richtig gemacht und keine unnötigen Risiken eingegangen. Ich säubere und schmiere nochmal die BMW-Kette, die noch heute morgen ordentlich Sand zerrieben hat und schenke schließlich dem Wirt mein Thermometer, was mal wieder 43 Grad im Schatten, den es hier ausnahmsweise mal gibt, anzeigt. Hatte ich erwähnt, dass ich heute zum ersten Mal den Kühlschrank in Betrieb habe. Immerhin hält er die vorgekühlten Getränke relativ kühl und die Isolierung der Tasche hat schon passiv einen ganz guten Effekt. Bisher war mir der Betrieb zu riskant gewesen, weil der Kompressor maximale Leistung aus meiner Batterie saugt und die BMW ohne Batterie wegen der Einspritzung nicht zu starten ist.

Wir fahren nach Matmata, welches etwas in den Bergen liegt. Schon bei der Annäherung fallen am Rande der Straße die Höhlenbehausungen ins Auge. In Alt Matmata steuern wir die beiden einschlägigen Höhlenhotels Sidi Driss und MahaXXX an. Dort wurden auch Teile von Star Wars gedreht und das wird auch nicht verheimlicht. Im ersten Hotel lassen sich die Motorräder gar nicht drinnen abstellen. Cornelius schaut sich die Zimmer an, ob wir die Nacht hier verbringen wollen. Er findet die Zimmer und die Umgebung zwar interessant, möchte aber nicht unbedingt hier übernachten. Wir entscheiden, zunächst zum zweiten Höhlenhotel zu navigieren. Nicht ohne ständige Begleitung von einem jugendlichen selbsternannten Stadtführer, den wir erst später abschütteln können, als wir seine Telefonnummer notieren. Bisher hatten wir Tunesier nicht als sonderlich aufdringlich erlebt. Das soll sich noch ändern. In der Medina von Tunis exerziert einer kurz vor Ladenschluß das gesamte Repertoire vor mir, obwohl ich höflich aber bestimmt ablehne. Schließlich muß ich sein Leinenhemd auf die Stufe seines Ladens ablegen. Aber noch sind wir im Süden. Bei dem anderen Hotel ist der Wirt eher unwirsch als ich mein Anliegen zu den Motorrädern vortrage und will im Prinzip nicht helfen. Diesmal schaue ich mich in den Örtlichkeiten um und finde die Hotelzimmer zwar kühl aber auch nicht gerade einladend. Die Anlage ist beeindruckend, aber wir sind mal wieder die einzigen Touristen und wohl auch nicht wirklich willkommen. Vor dem Hotel entscheiden wir, weiter zu fahren. Es ist auch noch nicht so spät heute. Der Plan ist bis zum Mittelmeer zu fahren und in einem kleinen Fischereiort, Skhira, nördlich von Gabes, der laut Karte auch eine Marina zu haben scheint, zu übernachten. Die Ausfahrt aus Alt Matmata bietet ein grandioses Landschaftsbild aus Felsen und Bergen, dass sich bis zum Horizont hinzuziehen scheint. Wir halten nicht an und zu meiner Überraschung befinden wir uns schon kürzeste Zeit später in einem ganz anderen Landschaftsbild: zurück in der Steppe. Auf der Straße nördlich von Gabés herrscht ordentlich Betrieb und sie ist gesäumt von Straßenhändlern, die Benzin, Früchte und allerlei sonstiges Zeug verkaufen. Natürlich auch diese riesigen Wassermelonen. Es ist bereits später Nachmittag und die Landschaft zieht gemächlich an uns vorbei, bis wir in Skhira angekommen sind. Zuerst fahren wir die 5 Kilometer oder so zur Marina hinunter. Diese entpuppt sich allerdings als kommerzieller Fischereihafen, wohin sich wohl erst wenige Touristen verirrt haben. Die Fischerbote sind bunt angemalt und sind voller Besatzung. Wir sind am Mittelmeer angekommen. Die Luft ist klebrig, aber schön kühl. Jedenfalls vergleichsweise. Der Himmel ist bedeckt und die Kleidung fängt irgendwie auch an zu kleben. An Unterkunft ist hier überhaupt nicht zu denken. Auch sonst im Ort war weit und breit nichts dergleichen zu sehen. Allerdings sind wir am Ortseingang bei einem verlassen wirkenden Hotel vorbeigekommen. Wir wollen es versuchen und fahren dorthin zurück. Hier ist übrigens auch die erste reguläre Tankstelle, die wir heute gesehen haben. Beim Volltanken haben wir eben noch unsere letzten Dinars ausgegeben. Ein Bankautomat ist hier natürlich auch nirgends. Ausserdem wird es auch schon wieder dunkel. Eigentlich herrscht mit der Betriebsamkeit am Strassenrand eine schöne Atmosphäre, jetzt wo auch die Grills angeworfen werden und lecker abrauchen. Die ersten Hammel wurden wohl schon draufgeworfen. Riecht richtig lecker und hat irgendwas von typisch Afrika. Wir haben Glück, der Mann an der Hotel-Rezeption empfängt uns freundlich, zeigt uns, wo wir die Bikes in einen Raum stellen können und akzeptiert sogar meinen 20 Euro-Schein, so dass wir nicht einmal unsere allerallerletzten Dinars ausgeben müssen. Dann können wir morgen noch einmal tanken, yipeeh. Oder doch noch einmal Hammelfleisch heute abend? Die Zimmer sind auch ordentlich und sogar mit Blick auf’s Mittelmeer. Einmal geduscht sinken wir ziemlich kaputt auf unsere Betten und verzichten wieder auf jedes weitere Abenteuer heute abend. Mit etwas heißem Wasser bereite ich noch eine Trocken-Tüten-Paella zu. Cornelius ist skeptisch, aber sie schmeckt ganz gut.

Mittwoch, 15 Juli

Wir überlegen, heute statt nur bis Kairouan, gleich bis Tunis durchzufahren. Mal sehen. Frühstück kommt auf’s Zimmer und der Kaffee ist mit der Trockenmilch auch ganz gut. Motorräder raus, alles aufgeladen und los. Es geht nordwärts durch endlose Olivenplantagen zur Steppenstadt Kairouan, die eine sehr schöne alte arabische Medina haben soll. Zwischendurch machen wir nochmal am Straßenrand Rast und essen Haselnuss-Pudding aus der Touratech-Tüte. Lecker. Inzwischen sind auch die Wasserkanister leer geworden und auch den Reservekanister habe ich nicht mehr mit Sprit aufgefüllt: Es geht definitiv zurück. Morgen legt schon wieder unsere Fähre nach Genua ab. Der Verkehr in Kairouan ist hitzig. Cornelius steuert zielstrebig eine Bank an und wir ziehen frische Kaufkraft. Einmal 100 und einmal 200 Dinars. Dann fahren wir wieder in die Medina mit dem Motorrad ein. Schnellbesichtigung vom Bock aus. Wir werden aber überall freundlich gegrüßt oder ignoriert, auch wenn die Gassen teilweise für unsere Motorräder nur so gerade eben passen. Besonders auf dem Souk geht es eher eng zu. Aber wir furchen uns durch auf der Suche nach einem netten Café, wo wir die Krads abstellen können und dann abwechselnd ein wenig rumgehen können. Wieder aus der einen Seite rausgefahren und gleich beim nächsten Tor wieder rein. Cornelius findet einen kleinen Platz und wir stellen die Motorräder in den Schatten direkt neben ein Café, wo eben noch einige Jugendliche rumlungernten. Die deklarieren sich natürlich mir-nichts-dir-nichts zum Parkwächter und wir ordern erst einmal Kaffee und Cola. Die Jugendlichen umringen die Motorräder und wir kommen ins Gespräch. Immer neue kommen and und sie checken, ob wir einen Digitaltacho haben. Das scheint hier wohl so die Währung zu sein. Dann kommt noch einer mit einer ganz coolen Sachs angefahren und verwickelt uns in seine Gesprächswelt. Wir nehmen es alles sehr gelassen, denn unsere Bikes werden nur vereinzelt angetouched. Allerdings sind es wieder einmal sehr viele geworden und die Situation ist leicht unübersichtlich. Ich mache ein paar Fotos von dem Platz, der wirklich wunderschön ist und gehe ein bißchen rum. Cornelius geht ins Internet-Café und kommt total geschockt über seine Prüfungsergebnisse aus der Schriftlichen zum 2ten Staatsexamen zu unserem Platz zurück. So ein Scheiß. Er hat zwar bestanden aber die Ergebnisse sind nicht so gut und er ist sehr enttäuscht. Erstmal eine rauchen. Selbst die Jungs schnallen, dass hier jetzt was nicht in Ordnung ist. Nachdem der erste Schock verwunden ist, brechen wir auf, Richtung Tunis. Auf halber Strecke halten wir noch einmal in einer Stadt names El Fans und trinken Kaffee. Ich versuche eine Melone zu kaufen und muß mich mit einem übereifrigen Tunesier rumschlagen. Da ich rechnen kann, bleibt es aber bei dem ursprünglich vereinbarten Preis. Wir schlabbern die Melone, da kommt eine Hitzewell angeschoben und alle hier brechen in Schweiß aus. Die andere Hälfte der Melone paßt so fast in die Kühlbox rein, die wieder aus ist, weil der Adapterstecker durchgeschmort ist. Der war ein Billigteil von Wunderlich. Ich bin immer wieder erstaunt, welche Leistungen und Hitze mit Autobatterien erzeugt werden können. Dann fahren wir über einen Kloakenstadtteil nach Tunis ein. Die Regenfront am Himmel hat sich irgendwie zum Glück doch nicht als eine solche herausgestellt und war wohl nur Teil dieser schwül-heißen Luft, die hier heute stoßweise übers Land zu wabbern scheint. In der Nähe der Medina halten wir an. Wir erkennen die Stelle von unserem ersten nächtlichen Ritt in Tunis. Das scheint Ewigkeiten her zu sein. Das GPS kennt keine Hotels in der Medina. Wir machen uns auf die Suche nach etwas Bezahlbaren in der Nähe. Ich folge einem Schild in die Medina und wir kommen bei einem „Hotel de Charme“ an. Sieht wirklich gut aus, aber selbst der letzte Verhandlungspreis von 118 ist uns zu teuer. Irgendwie haben wir in Euro gedacht und wollten erst noch ein bißchen suchen. Wir fahren weiter durch die Medina und bleiben stecken, weil die Straßen zu eng werden und ein überdachter Bereich mit Souks anfängt. Wir fragen ein bißchen und uns wird eine andere Unterkunft genannt. Die heißt fast genauso wie die erste und die Erklärungen weisen in die selbe Richtung zurück. Ausserdem hatte uns der erste Hotelwirt gesagt, es gäbe hier sonst in der Medina nichts. Wir versuchen es trotzdem und nehmen am Platz die Straße etwas mehr links. Zack stehen wir mit den Motorrädern vor der Jugendherberge Medina von Tunis. Ein kleines Männchen kommt herausgesprungen. Er ist super freundlich und sagt wir können die Motorräder einfach mit rein nehmen. Wir schauen ungläubig und besichtigen das Haus. Unmöglich. Es gibt einen überdeckten Innenhof, der übere zwei Stufen über Eck zu erreichen ist und einen Flur. Er insistiert, dass die BMW da reinfahren könnte und kommt schon mit Unterleg-Brettern angelaufen. Nicht viel später stehen unsere Maschinen sicher in der Herberge und die schöne überdachte Patina wird von meiner BMW verziert. Er meint, hier hätten schon mehrere Maschinen gestanden. Ich bin total glücklich, nicht länger suchen zu müssen und nicht einen westlichen Standard bezahlen zu müssen. Da passen wir mit unserem staubigen Aufzug auch gar nicht rein. Ausserdem soll es noch Abendessen geben. Wir bekommen ein 6-Bett Zimmer nur für uns, duschen, schließen unsere Sachen ein und machen uns vor dem Abendessen noch auf eine kurze Entdeckungstour durch die Medina. Ein bißchen fotographiert, ein bißchen verhandeln, ein bichen durch den Hintereingang in die Haupt-Moschee und schon ruft das Abendessen. Das ist maximal lecker. Reis mit Harissa und einigen lakritzigen Gewürzen. Dazu Salat mit Öl und Brot. Toll, morgen haben wir einen ganzen Tag in Tunis vor uns und brauchen erst abends zur Fähre, die um 23 ablegen soll. Gute Nacht…allerdings ist es sehr heiß. Zwar öffne ich noch das Fenster ganz mit dem Multitool. Aber das Fenster ist klein und auch draussen scheint die Stadt kaum abzukühlen. Oder sind es die Hitzeschwalle? Jedenfalls wird dies die heißeste Nacht meines gesamten Urlaubs. Ich liege nackt und schweißgebadet auf den Laken. Boahhh. Mitten in der Nacht stelle ich mich unter die kalte Dusche, aber selbst das hilft nicht wirklich. In der Sahara kühlt es nachts wenigstens relativ zum Tag um einiges ab. Aber hier… irgendwie geht es doch irgendwie. Cornelius scheint ganz gut zu schlafen.

Donnerstag, 16. Juli

Ich stehe früh auf. Alle anderen schlafen mal wieder noch fest. Es ist ca 5:30 oder 6 und die gesamt Medina zeigt bisher nur wenig Leben. Ich mache eine ausgiebige Besichtigungstour. Vor den Toren ist schon ein bißchen mehr los. Dort kaufe ich lakritzige Brotgewürze zum Mitnehmen. Die Altstadt ist sehr beeindruckend, sowohl ohne, wie mit Händlern, die so ziemlich alles verkaufen und viele auch dasselbe. Und wer kauft diesen unsäglichen Kitsch vor der Moschee? Mein Eindruck an diesem Tag ist, dass momentan vornehmlich arabische Touristen hier unterwegs sind. Wir sehen auch nicht viele Europäer oder Asiaten. Mit einem neuen Armreif für Tim und neuem Duschgel komme ich um 8:15 wieder in der Jugendherberge an, wo inzwischen alle ausgeflogen sind. Cornelius ist noch da. Ich trinke den schlechtesten Kaffee meines Lebens, der sich nur mit zusätzlich Nescafé ertragen läßt dusche erst noch mal. Wie gesagt, hier ist es auch nachts und morgens satt heiß. Dann will ich ein bißchen an meiner Elektrik basteln und genieße das Sitzen im schönen Innenhof während Cornelius sich die Medina anschaut. Gegen mittag, ich habe zwischenzeitlich auch meine Motorradhose und meinen Panzer in der Dusche  mit Duschgel gewaschen, ziehen wir nochmal zusammen los und gehen mal durch den Souk vor die Tore der Medina. Dort gibt es auch klimatisiete Kaufhäuser, wo wir ein bißchen Proviant einkaufen. Dann essen wir noch in einem Straßencafé einen Salat und schlendern gemütlich durch die verschiedenen Souks zurück. Wir kaufen noch ein Schaumstoff-Sitzkissen für Cornelius bei einem Polsterer im Möbel- und Stoffe-Bezirk der Medina. Bevor wir wieder zur Herberge zurück gehen machen wir allerdings noch im Café nebenan halt und rauchen gemütlich eine Wasserpfeife. Schischa…sehr gemütlich. Wir kommen mit einem Mathematikprofessor und einem Polizisten ins Gespräch und wir sitzen alle ganz gemütlich beim Pfeiferauchen beisammen. Zurück in der Herberge machen wir erst noch mal ein ordentlichen Mittagschlaf. Dann packen wir ganz gemütlich unsere Sachen auf die Motorräder und fahren auf einigen Umwegen nach Karthago. Die Katharer machen aber leider bereits um 19 Uhr die Pforten dicht. Über die kleine Mauer kann man zum Glück das gesamte Gelände wunderbar einsehen. Der Reiseführer hatte uns schon gewarnt, dass es nicht so furchtbar viel zu sehen gibt. Danach fahren wir am Strand Richtung Fähre zurück. Hier tummelt sich das Leben. Alle scheinen hier am Strand zu sein. Der Strand ist propevoll. Bei der Fähre checken wir ein und haben noch Zeit ins Restaurant zu gehen. Ein bißchen die Promenade hoch finden wir auch ein schönes Fischrestaurant und gönnen uns noch ein richtig leckeres Abschiedsmahl. Irgendwann nach Mitternacht sind wir dann auf der Fähre, die diesmal nicht so voll ist. Trotzdem ist das Rauffahren ein wahnsinniges Chaos. Wirklich unbeschreiblich. Wir kriegen alles hautnah mit. Ach ja: Vor der Fähre hatte ich noch meinen Kühlschrank ordentlich laufen und die BMW springt nicht mehr an. Also mußte ich die Karre ab dem Zoll schieben. Bis auf die Fähre hoch. Vielleicht erholt die Batterie sich ja wieder in den 24 Stunden Fahrtzeit.

Freitag, 17. Juli

Bei 24 Stunden sollte es allerdings nicht bleiben. In Genua ist Sturm und so wartet die Fähre vor Korsika und kommt erst um 6 Uhr Samstag morgens an. Kratzt uns nicht wirklich, können wir die Nacht noch schlafen. Obwohl das Liegen auf den Pullmann-Sesseln in der zweiten Nacht schon weniger bequem ist. Cornelius hat ausserdem mit einer Hautreizung auf dem Rücken zu kämpfen. Wir desinfizieren erst mal ordentlich, aber es wird schlimmer. Das Hauptevent der Fahrt ist, dass wir uns entschließen, den Autoreisezug  von Alessandria nach Frankfurt zu buchen und der Vorgang auch einwandfrei mit meinem Handy per Internet klappt. Beeindruckend. Ausserdem könnte ich noch erwähnen, dass wir einen anderen Motorradfahrer treffen…der einzige auf dieser Reise… der mit seiner Sozia auf einer fetten BMW unterwegs ist. Er arbeitet als Piloten-Ausbilder auf Jerba und sie sind auf der Rückreise. Vielleicht noch ein interessanter Kontakt für den nächsten Tunesien-Aufenthalt. Er scheint viele Offroad-Strecken gefahren zu sein. Auch in den Alpen.

Samstag, 18. Juli

In Genua ist es naß-kalt. Betonung auf kalt. Ich muß die BMW schieben. Sie startet nicht. Aber noch im Zollgebiet steht ein Abschleppwagen rum, der tatsächlich eine ambulante Starterbatterie mitführt. Zack an den Starter gehalten und schon rappelt die Kiste wieder. Genial. War eben doch kein gutes Gefühl, wenn die Maschine nicht läuft. Jetzt geht es mir wieder schlagartig richtig gut. Wir fahren per Navi nach Alessandria. Wir frieren beide die gesamte Fahrt, auf der wir in zweieinhalb Stunden ca. 80 Kilometer zurücklegen. Das Navi führt uns nämlich auf abenteuerlichen Kleinst-Strecken, über einen Pass und durch Weingebiete direkt zurück zum Reifenhändler, der sich auch sofort an den Reifen-Rückwechsel macht, während wir in der Innensstadt einen Kaffee trinken und bei der Apotheke Heilsalbe für Cornelius‘ Rücken, sowie Euros besorgen. Der Autoreisezug geht heute Abend um 18 Uhr 28. Wir können um ca 16:30 einchecken und dann noch mal in die Stadt. Dann geht es los. Vorbei am schönen Lago Maggiore rein in die Alpen. Wir sitzen mit einem Dänen, der es ganz toll findet, dass wir als zwei Brüder so eine Abenteuer-Tour für echte Männer machen. PicNic im Zug. Ohrenstöpsel rein und abgeratzt.

Sonntag, 19. Juli

In Neu-Isenburg spuckt uns der Zug so gegen 5:43 aus. Obwohl wir alles noch am Vorabend gut vorbereitet hatten, ist es beim Aussteigen doch wieder etwas panisch. Haben wir auch nichts im Zug vergessen? Haben wir nicht. Als wir die Motorräder vom Auto-Waggon fahren regnet es in Strömen. Einige andere Biker sind beinhart und starten in den Regen. Wir machen uns erst einmal ans Gepäck organisieren. Das dauert ja bei uns bekanntlich so seine Zeit. Es hört auf zu schütten. Die Bahnhofstoilette ist mit allergrößtem Abstand die sauberste sanitäre Anlage, die ich seit zwei Wochen gesehen habe. Vor allem auf dem Schiff war es ziemlich fies gewesen. Nicht zuletzt wegen dieser muslimischen Wasserplanscherei, aber vor allem, weil die philippinische Mannschaft einfach nicht ordentlich gereinigt hat. Als wir losfahren wollen, schüttet es wieder. Nach dem Gefriere gestern morgen habe ich mir gesagt, dass ich Regenfahrten auf jeden Fall vermeiden möchte. Allerdings habe ich heute auch drei Lagen Funktionskleidung übereinander, den Panzer plus zwei Fahrradjacken. Cornelius ist in einer zum Gesamtoutfit optimal passenden schwarzen Regenjacke und Regenhose bekleidet. Die Kapuze trägt er sogar unter dem Helm. Die Diskussion von gestern über Landstraße oder Autobahn ist irgendwie irrelevant geworden. Wir müssen nur irgendwie die 450 km nach Brüssel schaffen ohne dass unsere Körpertemperatur kritisch absinkt. Willkommen in Deutschland. Ich stülpe Plastiktüten über meine Gepäckstücke und wir machen uns auf den Weg, obwohl es leicht pieselt. Die Wettervorhersage hat nämlich angeblich Schauerwetter bis nächsten Donnerstag angesagt. Cornelius muß aber am Montag schon in Hambrg sein. Es wir trockener. Wir heizen auf der Autobahn rum. Die überholenden Autos sprühen uns kräftig ein. Dankeschön. Aber unsere Kisten fahren…auch im Regen. Genau zum nächsten Tanken kommt der nächste Megaschauer. Wir warten ihn gelassen ab und lesen Motorrad-Zeitschriften bei XXL-Kaffee. Dann läuft es auch eine Weil ganz gut, als sich bereits der nächste Guß ankündigt. Wir bremsen uns unter eine Brücke und es gießt aus Kübeln. Hier unten ist es so laut, dass wir die Ohrstöpsel drin lassen. Ich mache mein zweites Frühstück, aber Cornelius hat es wohl etwas im Magen. Dann geht es weiter und der nächste Regenschauer ist wieder unter einer Brücke. So geht es weiter. An einem Rastplatz mache ich noch einen Kaffee mit heißem Wasser mit dem Kettenreiniger aus der Sprühdose, der allerdings weniger als Bunsenbrenner als vielmehr als Flammenwerfer zu bezeichnen ist. Heizt einen halben Liter Wasser in 20 Sekunden. Und der Ruß geht auch ganz einfach wieder ab…immerhin ist es ja Reiniger. Die Technik ist jetzt optimiert, damit der Kaffee nicht nach Chemikalien riecht. Das letze Abenteuer dieser Tour. Dann fahren wir wieder. Irgendwie ist es gar nicht so schlimm, denn erst Koblenz, dann Aachen, dann Brüssel kommen auf den Kilometerangaben immer näher. Irgendwann ist es so weit und wir fahren in Tervuren von der Autobahn ab, um doch noch ein bißchen Landstraße zu fahren. Dann um 15 Uhr, wir können unser Glück kaum fassen, kommen wir tatsächlich in Brüssel wieder an…genau dort wo wir vor viereinhalbtausend Kilometern losgefahren sind. Wir sind mächtig geschafft und heilfroh, dass alles gut gelaufen ist. Baden/Duschen, aber Essen will Cornelius nicht. Er macht sich um 18 Uhr noch auf den Weg nach Hamburg, wo er kurz nach Mitternacht eintrifft. Von Hamburg selbst bis in die Sahara gefahren und zurück! Schön war’s, Tunesien und einige Tunesier ein wenig zu erleben, die Sahara und die Steppen zu erfahren und auch das Motorrad, Cornelius und vielleicht auch ein wenig mich selbst besser kennen zu lernen.

 

Letzte Aktualisierung ( Mittwoch, 19. August 2009 )
 
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